Liebesbeweise,
kalte Güsse und evangelische Hasen
Bräuche rund um Ostern
NORDKIRCHEN. Mit der Palmweihe erinnert die katholische Kirche
an den Einzug Christi in Jerusalem und leitet damit die Karwoche ein. Echte
Palmen werden dabei aber nicht geweiht. Traditionell gelten
im Münsterland der Buchsbaum, im Paderborner Land und im Sauerland
„Weidekätzchen“ als Palm.
Früher wurden nicht nur
die Zweige als Büschel an einem Stock befestigt, oft wurden auch Äpfel in
diesen Palmstock mit eingebunden. Nach der Weihe in der Kirche wurden diese
Äpfel in der Familie gemeinsam gegessen.
Den Zweigen wurde eine
unheilabwehrende Wirkung zugesprochen. Deshalb wurden sie im Haus, im Stall
und auf den Feldern verteilt. Kinderlose Paare erhielten von Kindern ein
Stück ihres Palmzweiges. Dafür erhielten sie als Dankeschön eine kleine
Gabe. Im westlichen Münsterland entwickelte sich daraus ein Kinderfest. Dabei
zogen die Kinder mit ihren bunt geschmückten Palmstöcken singend durch die
Straßen und erhielten von den Anwohnern Süßigkeiten.
Bis zum Ersten
Weltkrieg hielt sich im Raum Herford ein feuchter Geschenkbrauch: Die
Kinder schlichen ins Nachbarhaus und versuchten in die Nähe des Herdfeuers
einen Strauß Weidekätzchen zu legen. Schafften sie das, bekamen sie ein Ei
von der Hausfrau. Wurden sie entdeckt, bekamen sie von den Mägden oder
Knechten einen Guss kalten Wassers.
Der Brauch ein Ei zu
verschenken stammt aus dem kirchlichen und obrigkeitlichen Bereich.
Zunächst waren es österliche Zinseier, die ab dem
9. Jahrhundert als Abgaben und Spendenpflichten abgeführt werden mussten.
Meist musste ein Bauernhof 100 Eier an ein Kloster, eine Kirche oder ein
Spital abgeben. Im Laufe der Zeit wurden aus den Zinseiern Schenkeier, die
Kirchdienern und Spitalpersonal zu Ostern geschenkt wurden.
In Westfalen wurden die
Ostereier im 19. Jahrhundert nur im Süden gefärbt. Im Wittgensteinischen
wurden die Eier mit Sprüchen versehen. Besonders kostbar bemalte Eier
galten als Liebesbeweise, die junge Mädchen an einen von ihnen ausgewählten
Jungen verschenkten.
Bevor sich
Industriefarben durchsetzten, wurden die Eier mit Naturstoffen wie Rote
Beete, Zwiebelschalen oder Spinat gefärbt. Zudem wurden die Eier in der
Kirche geweiht. Ihnen wurde ein übernatürlicher Nutzen zugeschrieben. Die
Schalen der Eier wurden mit der Asche des Osterfeuers auf die Äcker
gestreut, um sie ertragreicher zu machen.
Der Osterhase taucht
als Eierleger und -bringer erst im 17. und 18. Jahrhundert auf. In
Westfalen schrieb man diese Fähigkeit vorher dem Fuchs und dem Kranich zu,
in der Schweiz war es der Kuckuck, in Thüringen, Bayern und Österreich der
Hahn. Der Osterhase gilt als evangelische Erfindung. Da die Protestanten im
Gegensatz zu den Katholiken das Fasten nicht als Mittel zum Erwerb von
Gottes Gnade ansehen, versuchten sie dem katholischen Osterbrauchtum auch
mit dem Osterhasen entgegenzuwirken.
Im Laufe des 19.
Jahrhunderts verbreitete sich der Osterhase als Osterbote von den Städten
auf das Land. In Westfalen setzte er sich ab 1900 durch und ist seit 1930
allgemein verbreitet. Den Termin des Osterfestes legte das Konzil von Nicäa
im Jahr 325 auf den ersten Sonntag nach Frühlingsvollmond fest, deshalb
schwankt der Ostertermin zwischen dem 22. März und dem 25. April. Diesen
Termin übernahmen auch die Länder nördlich der Alpen als sie im 5. und 6.
Jahrhundert christianisiert wurden.
Es gibt keine
Anhaltspunkte dafür, dass das christliche Osterfest ein heidnisches
Frühlingsfest ablöste. Der Benediktinermönch Beda Venerabilis erfand im 8.
Jahrhundert die Frühlingsgöttin Eostra oder Ostara. Er hoffte, dass die englische Bevölkerung
dadurch den christlichen Glauben leichter übernahm. Im 19. und 20. Jahrhundert
wurde diese Behauptung aufgegriffen und populär gemacht. Das ist der Grund
für einen verbreiteten Irrtum: Das Wort Ostern leitet sich nicht von dem
Namen der Frühlingsgöttin ab, sondern vom althochdeutschen „ostarun“. Das Wort bezeichnet das liturgische Geschehen
am Auferstehungsmorgen. Ostern heißt also genaugenommen
„Auferstehungsliturgie am Morgen“.
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